Von Malek Tellissi | 30. März 2022
Zeithungrige Soziale-Medien
Medienkonsum: Wie wir uns an Soziale Netzwerke verkaufen
Die U-Bahn, in die ich einsteige, ist leise – leiser als sonst. Neben mir sitzt eine junge Frau mit ihrem Kind. Der Kleine ist vor einem IPad geparkt. Immer wieder schaut er von seinem Display zur Frau auf. Als er ihr etwas auf seinem Bildschirm zeigen will, weist sie ihn desinteressiert ab. Gegen das grelle Display hat er keine Chance. Seine Versuche, sich zu unterhalten, werden zuverlässig weggefiltert. Die In-Ear-Kopfhörer wirken.
Ich habe ein Bild vor Augen: Die Simpsons-Folge „Weihnachten – Die nächste Generation“ zeigt eine Dystopie. Lisas Tochter Zia ist per Kabel ans Internet angebunden. Ihr Körper — eine ungenutzte Hülle: Der Kopf ruht auf dem Tisch.
So dystopisch ist es noch nicht — oder? Moderne Social Media-Netzwerke sind längst Bestandteil des Alltags. Die tägliche Internetnutzung wächst stetig.
Tiktok, Facebook, Instagram — sie alle verdienen Geld mit deiner Zeit. Jede Sekunde zahlt sich in Werbeeinahmen aus. In der Dokumentation „The Social Dilemma“ (Netflix) erzählen ehemalige Entwickler, mit welchen Tricks Soziale Netzwerke Gewinne maximieren. „Soziale Medien sind eine Droge“, meint einer der Entwickler.
Tiktok treibt den Suchtfaktor auf die Spitze: Daten gegen Geld. Und noch schlimmer: Zeit. Monate, Wochen, Stunden, die wir zusammen verbringen könnten. Verkauft unter Wert an Zeitstaubsauger-Unternehmen.
Meine Fahrt endet am Hauptbahnhof. Die U2 mitsamt der Frau fährt in Richtung Niendorf weiter. Wie wird der Junge mit seinen Kindern U-Bahn fahren?
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